Samstag, 1. Februar 2014

Tough Guy Race UK - Year of the great War Horse oder Lernen durch Schmerzen ;)

Es gilt als das härteste Hindernisrennen der Welt, das seit 1986 jährlich in der Nähe von Wolverhampton bei Birmingham stattfindet.
Also frage ich mich, warum ich dort nicht schon längst einmal teilgenommen habe. Immerhin laufe ich doch ExtremCross-Rennen, seit es diese in Deutschland gibt, seit 2007.
Ach ja. Dieses Rennen wurde von mir bislang immer verworfen mit den Gedanken: "Für lausige 12-15 km fliege ich doch nicht auf ńe Insel" und:" Ich habe keine Lust, dicke Engländer überholen zu müssen."
Darüber sprach ich bei einem Event 2013 mit meinem freakigen Freund Marcel, der dort 2013 schon gestartet war. Er grinste mich nur an und besorgte quasi ohne zu fragen einen Startplatz, zu dem ich niemals nicht hätte nein sagen konnte.

Es wurde also Zeit zur Mutter aller Hindernisläufe zu fahren, zum Tough Guy Race nach Wolverhampton, zum legendären Killing Field von Mr, Mouse.
Als frischgebackener ASICS Frontrunner war ich als einer von ca. 5000 Startern am Start.
 
Freitag in den Flieger nach Birmingham und nach einer Tortur mit dem englischen Schienennah- und -fernverkehr, ab ins vom Team organisierte Novotel.
Mit dem englischen Taxi und einem pakistanischen Taxifahrer dann zum feinsten Italiener Wolverhamptoms, wo das Team Getting Tough bereits am "Captains Table" von Teamcaptain Markus zusammensitzt.
So viele verrückte Typen auf einem Haufen ...Herrlich!

Kurze Schlafintervention mit meiner kuscheligen Begleitung Marcel und dann geht es am Samstag zur Streckenbesichtigung. Was soll ich sagen, ich bin überwältigt. Das Wetter ist wirklich sehr englisch, das Gelände unglaublich schlammig und es stinkt wie der Teufel...Hurra :)



Nach Pasta-Party vom Team direkt im Hotel und Ansprache vom Captain des GT-Teams, freu ich mich einfach nur noch endlich bald starten zu können.


Starten durfte ich im "Quweens Team". Das ist hinter der "Front Squad" und dem "Tough Guy Squad" die dritte Startreihe. Durch geschicktes Positionieren haben es Michael und ich jedoch geschafft, bis auf den Starthügel vorzudringen und dort sehr weit vorn starten zu können.

Auf den sogenannten Killing Fields gilt es jetzt auf einer Distanz von 15 Kilometern ca. 25 Hindernisse zu überwinden. Die Streckenlänge klingt zunächst nicht allzu herausfordernd, ich gebe jedoch zu bedenken, dass es solche Hindernisse, wie hier in England schon aus Sicherheitsgründen wohl nirgends in Deutschland jemals geben wird.
Auf einem ausgedienten Militärgelände der britischen Special Forces stehen riesige Hindernisse aus dicken und glitschigen Holzstämmen gebaut. Sie sind mit neuen und teilweise auch sehr alten Netzen und Seilen versehen. Dieses Gelände wird gepflegt und unterhalten vom Urvater aller Hindernisläufe, dem Begründer des Tough Guy Race, Mr. Mouse.


 Dieser Typ ist echt der Hammer. Im Schottenrock mit Hut und gezwirbeltem Schnurrbart gibt er den ebenfalls uniformierten Reitern das Zeichen, die Kanone in Stellung zu bringen und so für einen unglaublich lauten Startschuss zu sorgen. Direkt danach stürzen sich die Tausende von Läufern einen steilen Hügel hinab und brüllen sich die Seele aus dem Leib beim Start dieses einmaligen Rennens. Durch entzündete bunte Nebeltöpfe und Rauchschwaden von Feuern, begleitet von donnernden Kanonenschlägen.

Es geht sofort in knöcheltiefen Schlamm, der an dieser Stelle noch am wenigsten tief ist. Nach einem knappen Kilometer ist es mit dem Laufen dann auch schon vorbei und die ersten Kletterhindernisse aus rutschigem Holz sind zu überwinden.

Der Schlamm auf der Strecke wird mit jedem Schritt tiefer. Die ersten kleineren Wasserhindernisse lassen nicht lange auf sich warten. Das Wasser hat angenehme 3 Grad Celsius und ist in diesem Jahr somit wenigstens eisfrei. Im letzten Jahr noch hatten sich die Spitzenläufer ihren Weg durch das Eis brechen müssen.

Bei bestem englischen Wetter, 5 Grad Lufttemperatur mit eisigem Nordostwind, folgt die nächste Herausforderung mit den Rabbit Hills. Ein Steinbruch, der bergab nur rutschend und bergauf nur kletternd bewältigt werden kann. Unzählige Male geht es rauf und runter bis auch der Wille des Letzten fast gebrochen ist.

Nach einem kurzen Laufintervall durch tiefen Schlamm folgt der gleiche Spaß nun mit einem brusttiefen Wassergraben. Immer wieder rein und raus, was an den meisten Stellen ohne fremde Hilfe von anderen Teilnehmern kaum möglich ist.

Es folgt ein stetiges Auf und Ab, entweder kriechend unter Netzen oder kletternd über Holzhindernisse im Wechsel. Auch hier hört man auf zu zählen.
Eines der unangenehmsten Hindernisse ist eine 200m lange brusttiefe Wasserbahn, Hier geht man an der einen Seite eines Steges bis zum Ende hin und an der anderen zurück. Seinen Unterkörper nimmt man im 3 Grad kalten Wasser nicht mehr war. Er wird nur noch mechanisch nach vorn getrieben, aus dem Wasser heraus. Die Gesichter der entgegenkommenden Mitstreiter sprechen Bände des Schmerzes, meines wohl auch.


Danach wieder ein Springen und Ducken im Schlamm, bevor man an den nächsten Wasserparcour kommt. Hier wird entweder gehangelt oder balanciert, immer im Wechsel. Die Alternative heißt auch hier wieder Eiswasser.


Gespannter Stacheldraht der keinen Blick nach oben erlaubt, Tauchhindernisse in einer braunen Brühe, die die Bezeichnung Wasser sicher nicht mehr verdient hat, eingeebnete Reifenstapel mit Felsen, überall nur Schlamm und immer wieder kleine und größere Kletterhindernisse.



In einem unterirdischen Kriechgang, dem Torture Chamber, werden die Teilnehmer komplett im Dunkeln, in Rauch eingehüllt, durch Tunnel mit herabhängenden Baumstämmen und Stromdrähten geschickt. Alles im eisigen Schlamm. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt man durch mannsenge Röhren wieder an die Erdoberfläche um auf die letzten 3 großen Hindernisse zuzulaufen.



Selbst der Zieleinlauf führt noch einmal durch Eiswasser, einen schlammigen Hügel hinauf, eine Rutschbahn mit Stromdrähten wieder hinunter ins Wasser und einen Schlammberg wieder hinauf.
Oben steht Mr. Mouse´ rechte Hand Ingrid und brüllt jeden Teilnehmer an mit den Worten:


 "You are a real Tough Guy",

und genau so fühlt man sich auch.

Warum es "Year of the great War Horse" heißt, weiß ich jetzt auch...Ich fühle mich, als wäre ich ein brüllendes altes Schlachtross, das man soeben mit einem MedEvac aus einem Kriegsgebiet evakuiert hat...Irgendwie einfach unbesiegbar!


Wer hier dabei ist, hat keine Angst vor gar nichts mehr. Alle Teilnehmer unterzeichen vor dem Start eine sogenannte "Death Warranty", ihr Todesurteil.

Zu den Standardverletzungen gehören unter anderem Knochenbrüche, Platzwunden, Schnittverletzungen, Verbrennungen oder Kreislauf-Probleme.

Ich konnte über 99% der anderen Starter hinter mir lassen und erreichte als 45. in der Gesamtwertung das Ziel.
Starten durfte ich zusammen mit dem Spitzenteam "Getting Tough", welches auch den diesjährigen Sieger, Charles Franzke (21), stellte.

Insgesamt platzierten sich aus dem Team Getting Tough 15 Starter unter den Top 50 bei diesem internationalen Rennen.
Die Teamwertung ging damit zum 4. Mal in Folge an das Team Getting Tough.
Nächstes Jahr wird dieser Titel verteidigt und auch ich werde für den Harz wieder dabei sein.

Jetzt geht es erstmal wieder in die Vorbereitung für die Brocken Challenge, einen Winterultra, der am 08.02. von Göttingen zum Brocken führt. Hier treten wir dann wieder als das Team HarzRoxx komplett an.

Weitere Infos unter www.toughguy.co.uk www.facebook.com/harzroxx

1 Kommentar:

  1. "Kurze Schlafintervention mit meiner kuscheligen Begleitung Marcel"

    ICH LIEBE DICH AUCH - MEIN FREUND !!!

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